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Channel: Global Reporting » Jan Dirk Herbermann
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Au revoir Paris

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Bis vor kurzem genoss er sein beschauliches Dasein als Pensionär in
Paris. Heute aber übernimmt er den heikelsten Job, den die
Weltgemeinschaft derzeit zu vergeben hat: Lakhdar Brahimi (78), wird
neuer Sondergesandte der Uno und der Arabischen Liga für Syrien. Der
Ex-Außenminister Algeriens soll Syrien nach 18 Monaten brutaler Gewalt
endlich Frieden bringen.

Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon gab Brahimi mit auf den Weg: „Ihr
Beitrag wird sehr wichtig, um den Konflikt zu beenden.“ Brahimi selbst
sagte kurz nach seiner Berufung, er müsse „verrückt“ sein, dass er Ja
zu Syrien-Auftrag gesagt habe. „Jemand muss diesen Job machen“, betonte
er – fast klang es wie eine Entschuldigung. Und zu den Aussichten
seiner Mission meinte er: „Ich könnte sehr wohl scheitern, aber
manchmal hat man Glück und erzielt einen Durchbruch.“

Immerhin: Brahimi gilt als mutiger diplomatischer Feuerwehrmann, der höflich aber
hartnäckig seine Ziele verfolgt. Für die Uno rückte er schon zu
brisanten Einsätzen aus: So leitete er die UN-Mission in Afghanistan
und er vertrat die Uno im Irak. Zugute kommt Brahimi, dass er in der
Region bestens verdrahtet ist. Seine Tochter Reem ist mit dem
jordanischen Prinzen Ali verheiratet.

Diplomaten schätzen die Chancen für die Syrien-Mission des Veteranen
aber als eher gering ein. „Der erste Syrien-Sondergesandte Kofi Annan
schaffte es nicht, warum soll es dann der zweite Syrien-Sondergesandte
Lakhdar Brahimi schaffen?“, fragen skeptische Unterhändler.

Entscheidend dürfte es für Brahimi sein, ob die Vereinten Nationen und
vor allem der UN-Sicherheitsrat geschlossen hinter ihm stehen. Nur: Von
einer einheitlichen Linie kann im obersten UN-Gremium keine Rede sein.
Der Sicherheitsrat ist in der Frage, wie der Syrien-Konflikt gelöst
werden soll, tief gespalten. Die westlichen Staaten verlangen eine
harte Gangart gegen Diktator Baschar al-Assad. Russland und China
hingegen legen ihre schützende Hand auf den Gewaltherrscher.

Die Uneinigkeit wurde schon dem ersten Syrien-Gesandten Annan zum
Verhängnis. Moskau und Peking lehnten es ab, Assad mit Sanktionen zu
drohen, falls er den Friedensplan Annans nicht einhält. Der
Friedensplan scheiterte. Annan resignierte: „Ohne die klare
Unterstützung des Sicherheitsrates ist es für den Sondergesandten kaum
möglich, Fortschritte zu erzielen.“

Das zweite massive Problem für Brahimi: Es scheint ausgeschlossen, dass
sich das Assad-Regime und die Opposition an den Verhandlungstisch
setzen. Assad und seine Clique wollen um jeden Preis die Macht
behalten. Echte Gespräche mit Gegern gelten für Assad als Schwäche.
Andersherum will auch der Widerstand von Kontakten mit Assad nichts
wissen – zu viel Blut klebt an den Händen des Tyrannen.

Brahimi wird auf seiner Syrien-Mission sein ganzes diplomatisches
Geschick ins Feld führen müssen. Und er wird sich wohl oft seinen
beschaulichen Ruhestand in Paris zurückwünschen.


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